Frieden
„In Frieden leg ich mich nieder und schlafe ein; denn du allein, Herr, lässt mich sorglos ruhen.“ (Psalm 4,9) So meine Bibellese.
Wer unter uns lebt wirklich in Frieden mit anderen, hat Frieden mit sich selbst? So meine Frage.
Selten zuvor fiel mir so viel Aggressivität in den Stimmen und Stimmungen auf wie im vergangenen Jahr. Zufallsgespräche, aufgeschnappt im Vorbeigehen und Gespräche unter Bekannten, sie alle schienen mir viel zu oft und unangemessen mit Misstönen unterlegt. Seelsorgegespräche offenbarten große Ängste und eine beunruhigende Friedlosigkeit. Und wenn ich mich ein letztes Mal an nachhallende Geräusche des vergangenen Jahres zu erinnern versuche, dann höre ich das Schreien auf den Demonstrationen aller Couleur. Zugleich aber – und viel intensiver – erinnere ich die Klagen aus der Ukraine und ab Herbst die Klagen aus dem Nahen Osten. Überall wo Menschen fliehen mussten und noch immer müssen, um nicht niedergemetzelt zu werden, die Schreie derer, die durch Raketenangriffe, Gewehrsalven oder Selbstmordattentäter zu Schaden kamen. Mit Hilfe der Medien konnte ich ja weltweit in der “ersten Reihe” sitzen, ganz nahe dran am Unfrieden – übrigens auch an dem im eigenen Land, der sich stimm- und wurfgewaltig äußerte auf so mancher Demonstration. Sollte da über unserer Zeit nicht ein besonderes Wort stehen? Eine Bitte vielleicht, wie sie in EG 430 formuliert ist:
“Gib Frieden, Herr, gib Frieden, die Welt nimmt schlimmen Lauf.”
Das Psalmwort jedoch lenkt meine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung. Ja, “Unfrieden herrscht auf der Erde”. Ja, auch ich persönlich habe passiv und aktiv Anteil an diesem Unfrieden. Das macht mich nachdenklich und treibt mich hoffentlich auf neue Wege. Aber ich muss mich nicht entmutigen lassen. Von dem Psalmbeter darf ich lernen, wer in Wahrheit das Maß setzt und ist. Und der, der alle Macht hat im Himmel und auf Erden, der lädt mich ein, mit allem, was mich umtreibt, belastet, bekümmert zu ihm zu kommen, mein Vertrauen auf ihn zu setzen. Gott lässt mich sorglos ruhen, er allein. Ein befreiender Gedanke. Und Anlass, neben die Bitte den Dank zu stellen für den Frieden, den Gott schenkt.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie diesen Frieden zu spüren bekommen und gelassen, vertrauensvoll durch die Zeit gehen können.
Mit Segensgrüßen Pfr. D. Molin