Happy End?
In vierzig Tagen ist eure Stadt ein Trümmerhaufen! - So ruft der Prophet Jona mitten in Ninive, der Hauptstadt Assyriens, eines mächtigen, brutalen Imperiums. Kein Wunder, dass Jona nicht begeistert von seinem Auftrag ist und zunächst sogar fliehen will - aber Gott lässt nicht locker, und so verkündet er dann doch: Bald ist Ninive ein Trümmerhaufen!
Und erstaunlicherweise nehmen die Bewohner diese Ansage ernst! Sie bemühen sich, ihr Leben mit den göttlichen Geboten in Einklang zu bringen. Und Gott sah, dass Ninive sich von seiner Bosheit abwandte, heißt es in der Bibel, und so blieb die Stadt bestehen. Doch das gefällt Jona gar nicht. Wenn schon, denn schon - nun will er auch die Apokalypse erleben - aus der Distanz, quasi wie im Kino - Godzilla, Independence Day, World Trade Center ... (Letzteres war kein Kino, klar.)
Angesichts mancher Entwicklungen könnte übrigens ja auch heute das Gefühl aufkommen: Das alles stinkt zum Himmel, diese Dummheit, Frechheit, Verkommenheit, Arroganz! Und da müsste der Himmel doch mal reagieren! Mach End, o Herr, mach Ende ... Aber Godzilla kommt nicht, auch keine Aliens - Ninive bleibt bestehen. Weil man sich „bessern“ will, wie langweilig und verlogen! Und darauf lässt Gott sich ein? Er lässt zuviel durchgehen! Jona hat es schon immer gewusst!
Nicht alles in der Bibel hat ein Happy End: Sodom und Gomorrha. Babylon ... War es dort noch schlimmer? Zuwenig Buße? Die Geschichte, jedes Schicksal verläuft geheimnisvoll. Und doch steht Gottes Zusage seiner Barmherzigkeit. Manchmal wirkt sie sehr verborgen oder scheint ohne Linie. Warum hier so, dort so? Wir werden es nicht ergründen. Aber die Barmherzigkeit ist immer präsent, und wenn „nur“ als Zeichen dafür, dass es auch anders gehen kann. Und wenn „nur“ als Vorschein auf Gottes neue Welt. Jesus hat nicht jeden geheilt, aber den einen oder anderen doch - wie wird es dann erst in der Ewigkeit sein?
Ninive ist heute ein Ruinenfeld. Alles auf Erden hat seine Zeit. Aber damals sollte es noch weiterbestehen, weil es nach Gott fragte in all seiner Grobheit und Unwissenheit. Der Herr ist voller Liebe und Erbarmen, heißt es im Psalm, unermesslich wirkt seine Güte an denen, die ihn ehren. Wir können diese Zusage ausschlagen, und sie erfüllt sich auch nicht völlig im Hier und Jetzt. Unser Dasein ist angelegt für die Ewigkeit. Das ist kaum vorstellbar, aber wir können und sollten es im Blick haben ... Dann können wir anders auf uns schauen und anders auf andere, vielleicht sogar Feinde. Das ist nicht einfach. Aber diese Perspektive ist heilsam, denn dann können wir sprechen auch in schwierigen Lagen und düsteren Zeiten: Lobe den Herrn, meine Seele, alles in mir preise seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!
Eine gesegnete Sommerzeit wünscht Ihnen Sebastian Wohlfarth