Heute schon gejubelt?
Die wenigsten werden das bejahen können. Vielen wird die Frage dagegen geradezu weltfremd erscheinen. Sich jetzt freuen und jubeln? Zugegeben, mit Blick auf die zur Bekämpfung der Coronapandemie ergriffenen Maßnahmen und die Vielzahl der damit verbundenen Einschränkungen unseres gewohnten Alltags ist das eher schwierig. Inzwischen gibt es auch immer weniger unbeteiligte Zuschauer. Fast jeder kann von zusätzlichen Erschwernissen und geplatzten Plänen erzählen.
Wenn wir eines Tages gelernt haben, mit dem neuen Virus zu leben, wird unsere Welt anders aussehen. Zumindest diesbezüglich gibt es unter den meisten Fachleuten und Politikern Einmütigkeit. Aber wird das dann Grund zur Freude und zum Jubeln sein? Werden wir, wenn die Pandemie überwunden ist, die richtigen Konsequenzen aus dem Erlebten ziehen? Werden wir z.B. unsere Ernährungs- und Reisegewohnheiten umstellen? Werden Pharmakonzerne und das Gesundheitswesen sich von Gewinnmaximierung verabschieden und andere Schwerpunkte setzen? Werden Nachhaltigkeit und Krisensicherheit endlich den richtigen Stellenwert bekommen? Ich habe Zweifel, aber gebe die Hoffnung nicht auf.
Auch christliches Leben wurde stark beeinträchtigt. Auch unsere Gewohnheiten wurden erschüttert. Gemeindeleben ohne richtige Gemeinschaft in Form von Gottesdiensten und anderen Treffen ist schwierig. Werden wir Christen aus all dem lernen? Ein Ergebnis könnte sein, die vielfältigen Angebote mehr zu schätzen und besser zu nutzen. Noch wesentlicher erscheint mir aber, dass wir uns auf die eigentliche Basis des christlichen Glaubens, auf die persönliche Beziehung zu Jesus Christus besinnen. Dort sollten wir Christen verstärkt investieren. Denn das ist etwas, was durchträgt und was auch nicht untersagt werden kann. Unser innerer Friede lässt sich weder durch Familie, Arbeit, Wohlstand oder Hobbies absichern. All das kann ins Wanken geraten und in Krisenzeiten sehr stark eingeschränkt oder ganz hinfällig werden. Eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus ist dagegen echt krisensicher. Sie überdauert schließlich sogar den dramatischsten Einschnitt, den wir Menschen hinnehmen müssen – unsern biologischen Tod.
Was sich zurzeit in unserem Land und in der Welt abspielt, gibt tatsächlich wenig Anlass zum Jubeln. Wobei ich mir vorstellen kann, dass es einige wenige in letzter Zeit auf Grund der inzwischen angekündigten Lockerungen doch getan haben: Eltern, deren Kinder endlich wieder in die Schule oder den Kindergarten dürfen. Geschäftsleute, die endlich wieder durchstarten können. Arbeitnehmer, die wieder ihrer gewohnten Tätigkeit nachgehen dürfen. Hoffentlich muss keine der Erleichterungen zurückgenommen werden.
Der vor uns liegende Sonntag trägt den lateinischen Namen Jubilate, zu Deutsch: Jubelt! Alle, die Jesus Christus als ihren Herrn angenommen haben und damit zu ihm und zu Gottes Volk gehören, haben immer, auch in unsicheren Zeiten allen Grund dazu. Was Jesus Christus durch sein unschuldiges Sterben für unsere Schuld und seine Auferstehung bewirkt hat, übersteigt die Bedeutung aller anderen Ereignisse auf unserer Erde. Dazu kommt: Sein Werk hat Bestand. Der Name des morgigen Sonntags fordert uns auf, darüber zu jubeln. Ich wünsche Ihnen, dass Sie fröhlich mit einstimmen können. Es wäre übrigens gut und angebracht, dass nicht nur morgen, sondern an jedem Tag zu tun.
Friedemann Höser, Christusgemeinde Meiningen