Lebt als Kinder des Lichts!
So lautete der Bibelspruch der vergangenen Woche, als wir in Slowenien waren, einem kleinen schönen Land mit Alpengipfeln, Barockstädtchen und
Mittelmeerstrand. Das Spezifische dort sind allerdings die berühmten Tropfsteinhöhlen. Dort haust der Grottenolm, auch „Menschenfisch“ genannt, Sloweniens inoffizielles Wappentier. Sehr kuschelig wirkt er nicht gerade, aber immer nur Koala wäre ja auch langweilig. Man weiß bis heute wenig über diesen blinden blassen Molch, der es vorzieht, sein ganzes Leben eine wurmartige Larve zu bleiben - ein ungewöhnlich langes Leben, das siebzig, vielleicht gar hundert Jahre währen kann, verborgen in den kühlen finsteren Höhlengewässern der Adria-Region.
Der Aufforderung des Apostels Paulus, ein Kind des Lichts zu sein, kann der Grottenolm also kaum gerecht werden, das liegt nicht in seiner Natur, dafür ist er nicht gemacht, der Menschenfisch ...
Sind wir Menschen dafür gemacht? So blind und blass, wie wir allzu oft sind? War Paulus dafür gemacht? (Immerhin war er kein Saulus mehr.) Oder Petrus, der Menschenfischer, der mit Jesus sterben wollte und ihn dann doch verleugnete in der Nacht zum Karfreitag? Oder Martin Luther in all seinen lichtvollen wie auch abgründigen Dimensionen? Er wußte, dass wir keine Kinder des Lichts sind, nicht sein können. Als Mönch hatte er es vergeblich
versucht. Ist das Paulus-Wort also auch vergeblich? Eine schöne Utopie, ein frommer Wunsch, der den Menschen genauso überfordert wie den Grottenolm?
Anders als (wahrscheinlich) der Lurch im dunklen Karst haben wir ein Wissen oder doch eine Ahnung vom Licht, das die Welt erleuchtet. Das Licht scheint in der Finsternis, heißt es im Johannesevangelium. Es kann auch unser Dasein und Wesen erreichen. Die Finsternis ist deshalb nicht einfach aus der Welt, auch unsere eigene nicht. Aber sie ist nicht das alles Beherrschende mehr. Denn da ist das Licht. Wir besitzen es nicht, wir verfügen nicht darüber.
Ich bin das Licht der Welt, spricht Jesus. Es ist ein Geschenk, eine Gnade, die auf unser Leben einwirken und uns auf einen guten Weg bringen kann.
Martin Luther schreibt: Das Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden, nicht eine Gesundheit, sondern ein Gesundwerden, nicht ein Sein, sondern ein Werden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werden‘s aber. Es ist noch nicht getan oder geschehen, es ist aber im Gang und im Schwang. Es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg.
Haltet Ausschau nach diesem lichtvollen Weg! Lebt als Kinder des Lichts!
Eine gesegnete und gnadenreiche Zeit wünscht Ihnen
Sebastian Wohlfarth