Lohnt sich das Fasten?
„Plenus venter non studet libenter“ – eine Erfahrung, die jedem von uns vertraut ist: Mit einem vollen Bauch hat man keine große Lust auf geistige Arbeit. Nach einem üppigen Essen kann man ein Schläfchen halten, aber nicht konzentriert nachdenken. Ein träger Körper verhindert das Engagement des Geistes, leibliche Sattheit lähmt auch die seelischen Kräfte.
In diesen Wochen vor Ostern möchten manche Christen allein oder in Gruppen die Gegenprobe machen: Durch bewusstes Fasten versuchen sie, einen müde gewordenen Geist wieder zu aktivieren. Egal, ob sie in der Fastenzeit auf Alkohol, Nikotin oder Süßigkeiten verzichten, ob sie einen Tag pro Woche fasten, oder miteinander eine ganze Woche lang aushalten – immer steht im Hintergrund die Hoffnung, damit auch die „Verfettungen“ der Seele abzubauen. Mit Fasten protestieren sie gegen eigenen Egoismus, gegen die Mentalität des Haben-Müssens. Sie wollen den Hunger verspüren und dadurch auch Solidarität mit den Armen und Hungernden begründen. Mit diesem Fasten demonstrieren sie für einen offeneren Umgang der Menschen untereinander. Sie wollen wacher und sensibler werden für das, was der andere gerade braucht. Und mit diesem Fasten provozieren sie schließlich zum Kampf gegen die Oberflächlichkeit und gegen die Hoffnungslosigkeit. Sie wollen den Hunger und die Sehnsucht nach erfülltem, gelingendem Leben neu wecken. Und sie wollen zur Frage vorstoßen, was uns letztlich am Leben hält, wovon wir im Grunde zehren.
In Portugal (Alcobaca) gibt es ein Kloster mit großen Portalen – nur eine Tür ist sehr schmal - die zum Speisesaal. Ein Mönch, der nicht mehr durch diese Tür passt, weiß sofort: Hier habe ich in der nächsten Zeit nichts verloren. Nur durch Fasten – und Fasten heißt nichts anderes als Beten mit Leib und Seele – kann er sich wieder Zutritt zu diesem Raum verschaffen. Ganz so drastisch muss es ja bei uns nicht zugehen. Aber wenn Basilius der Große mit seiner Behauptung recht hat, „das Fasten würde alle lehren, die Liebe zum Geld, zu überflüssigen Dingen und ... die Neigung zu Feindseligkeiten aufzugeben", dann ist so ein Hungerstreik schon einen Versuch wert.
Damit wir nicht bald mit unserem Latein am Ende sind.
Pfr. D. Molin