„So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ (Eph. 2, 19)
So lautet der Wochenspruch für die kommende Woche. Er steht in der Bibel. Paulus, ein Mann, der sich große Verdienste um die Verbreitung des Christentums im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung erworben hat, sitzt gerade wegen seines Glaubens im Gefängnis und schreibt diesen Satz in einem Brief an die Epheser, also die Einwohner der damaligen Großstadt Ephesus (heute: Efes) in Kleinasien, der heutigen Türkei.
Paulus kann mit Fug und Recht als Mann der Extreme bezeichnet werden: In jungen Jahren war er ein glühender Bekämpfer der Anhänger von Jesus Christus, doch nach seiner Bekehrung widmete er dieser neu entstandenen Religion sein ganzes Leben. Auch in persönlicher Gefangenschaft schrieb er unentwegt Briefe an die jungen Gemeinden, die sich im ganzen Römischen Reich gebildet hatten. So hat er in diesem Brief ein wichtiges Anliegen: Das Christentum ist nicht exklusiv!
Das Wort „exklusiv“ klingt ja zunächst wie „toll“ oder „super“ und wird ganz viel in der Werbung gebraucht. Wenn es um Menschen geht, steht es aber meistens für Ausgrenzung. Exklusivität wünschen sich die meisten Menschen in ihren intimen Beziehungen, und das ist auch in Ordnung. In der Gesellschaft jedoch ist sie zu hinterfragen, auch wenn sie eine lange Tradition hat und den Anschein erweckt, dem Menschen innezuwohnen. Sie bedeutet schließlich das Gegenteil vom Prinzip der Inklusivität, also dem Offensein für alle Menschen.
Das junge Christentum vor 2000 Jahren bestand zunächst aus Juden. Auch Jesus war Jude und hatte wohl kaum die Absicht gehabt, eine neue Religion zu gründen. Sein Wirken entfachte jedoch eine eigene Dynamik. Ein Heilsversprechen für die ganze Welt, von dem sich sehr viele Menschen angezogen fühlten, die in ganz anderen Regionen wohnten. Sie alle wollten Christen werden, wurden aber zunächst als Fremde registriert. Es gab „Judenchristen“ und „Heidenchristen“, je nach der religiösen Vergangenheit der Person wurde das so unterschieden.
Wer schon einmal irgendwo fremd gewesen ist, weiß, wie sich das anfühlt. Nicht richtig dazu gehören zu dürfen, immer die Angst im Nacken, an einer bestimmten Stelle doch nicht mitmachen zu dürfen. Und die anderen führen sich so auf, als seien sie etwas Besseres, als hätten sie sich ihre bessere Stellung mit irgendetwas erworben. Dabei übersehen sie, dass sie ihnen lediglich geschenkt worden ist. Zum Beispiel durch geografische Herkunft, durch sprachlichen, kulturellen oder religiösen Hintergrund, durch das Geschlecht, eine stabile Gesundheit oder ein wohlhabendes Elternhaus.
Paulus möchte beide Gruppen zusammenführen. Er setzt sich vehement dafür ein, dass sie gleichberechtigt sind. Die anfängliche Spaltung der Christenheit war etwas zutiefst Menschengemachtes und hatte überhaupt nichts damit zu tun, was Jesus Christus wollte. Wie gut, dass Paulus das so deutlich auf den Punkt bringt. Wir haben in dieser Woche mal extra Zeit zu beobachten, wo in unserer Gesellschaft Menschen ausgegrenzt werden, und uns zu fragen, ob diese Ausgrenzung eigentlich fair ist, und ob am Ende irgendwer etwas davon hat.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag und eine gute Woche! Bleiben Sie behütet und achten Sie auf Ihre Mitmenschen. Sie werden es Ihnen danken.