Statistik - die ganze Wahrheit ?
Statistiken gibt es viele, z.B. über die Bevölkerung: über die Altersstrukturen. An jedem Monatsende werden die Arbeitslosenzahlen veröffentlicht, auch Stimmen, die den Wahrheitsgehalt solcher Zahlen bezweifeln. Also doch: "Trau keiner Statistik..." Ist die Statistik eine Form der Lüge?
Statistiken haben sicherlich ihren Wert. Aber bringen sie wirklich die ganze Wahrheit ans Licht? Es gibt Lebensvollzüge, die sich jeder statistischen Erhebung entziehen - z.B. Liebe, Freundschaft, Sehnsucht oder Wut, Hass und Zorn.
Kirchliche Statistiken - etwa erfassen: Mitgliederzahlen, Taufspendungen, Todesfälle, Kirchenaustritte und Wiedereintritte. Die kirchliche Statistik gibt Auskunft, wo die Kirche sozusagen fest etabliert ist, wo sie wächst und: über den Besitz von Immobilien und Hilfswerken. Diese und viele andere Fragen werden also statistisch ermittelt und erfasst und geben Auskunft über die Kirche.
So gesehen könnte man sagen: Die Kirche ist eine in der ganzen Welt verbreitete Institution, eine Art Weltverbesserungsagentur - wie manche Leute sie ja auch einschätzen. Papst Leo XIII erklärte, die Kirche sei eine "vollkomene Gesellschaft". Ihr obliegt die Sorge für die göttlichen Belange, dem Staat für die menschlichen. Es ging um die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat und eine harmonische Ordnung zwischen beiden.
Wenn die Kirche wie ein Staat eine "vollkomeme Gesellschaft" ist, statistisch zu erfassen - wieso ist sie dann auch ein "Geheimnis des Glaubens", wie wir es doch im Credo bekennen? Papst Pius XII greift auf die Lehre des hl. Paulus zurück. "Die Kirche ist sein Leib und wird von ihm erfüllt" (Eph 1,23). Er, Christus, ist das Haupt (Eph 4,15). Wir vielen "sind Glieder seines Leibes" (Eph 5,30). In der Taufe wurden wir nicht nur in die Kirche sichtbar aufgenommen wie in eine Partei etwa, sondern wurden Christi geheimnisvollem Leib eingegliedert, ihm einverleibt.
Die Kirche ist sowohl Organisation wie lebendiger Organismus. Die Kirche ist zwar nach außen hin Gottes Bauwerk (1.Kor 3,9), gegründet auf Petrus, den Felsen (Mt 16,18), insofern eine sichtbare Organisation und als solche statistisch erfassbar. In ihrem innersten Wesen aber ist sie ein lebendiger Organismus, der geheimnisvolle Leib Christi, vom Leben des auferstandenen Herrn durchflutet und von seinem Hl. Geist durchdrungen. Das aber ist nicht mit menschlichen Methoden erfahrbar. Es ist vielmehr jenes Geheimnis, das wir im Credo bekennen.
Johannes Georg Fromm, röm.-kath. Pfarrer in Meiningen