Beten – Atemhilfe für die Seele
Der morgige Sonntag trägt den Namen Rogate – „Betet“. Wie passend sind da Jesu Worte, fast schon als „Gebrauchsanweisung“ gesprochen: „… bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern… Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.“ (Matthäus, Kapitel 6, Verse 1-10 aus der Lutherbibel 2017 in Auswahl)
Erstaunlich finde ich die Aussage: Gott braucht dein Gebet nicht, er weiß schon vorher, was du bitten wirst! Aber warum soll ich dann überhaupt noch beten? Ganz einfach: Weil es gut tut! Viel mehr Menschen, auch viele Jüngere, beten häufiger als man annehmen könnte, in diesen Tagen vielleicht besonders!
Die Anleitung von Jesus macht auch deutlich, es kommt nicht auf besondere Worte an: Das kurze Stoßgebet kommt genauso bei Gott an wie die kunstvoll poetisch formulierten Worte aus einem Gebetsbuch, Hauptsache, es kommt von Herzen!
Und beten lohnt sich. Viele Menschen berichten, dass ihnen das Beten gut tut: Es schenkt ihnen innere Ruhe, Sammlung, Vertrauen und das Gefühl von Geborgenheit.
In meiner täglichen Praxis erlebe ich solche Gefühle selber immer wieder, wenn ich mir dafür eine Zeit und einen Platz bereitstelle und sage: „Das hier, Gott, ist Zeit von dir für dich und mich, mach DU was draus!“ Und nicht selten passiert es dann, dass aus dem Gefühl, getrieben zu sein, aus Unruhe, aus Traurigkeit oder Stress ein Gefühl der Entschleunigung und der Gelassenheit, des Vertrauens und der Geborgenheit wächst. Und daraus wieder neue Kraft und Orientierung, die geschenkt wird. Aus dem Beten wird Tun.
Wollen Sie so etwas einmal selbst ausprobieren? Es ist eigentlich ganz einfach. Die christliche Tradition kennt das so genannte „Herzensgebet“. Es besteht im Wesentlichen aus Ruhe, einer ganz bewussten tiefen Atmung und zum Atemrhythmus gedachte kurze Gebete, die für mehrere Minuten immer wiederholt werden. Beispielsweise: Einatmen: „Jesus Christus“ – Ausatmen: „gib Frieden“. Oder „Gott“ – „unser Vater“. Dafür braucht es eigentlich nur ein paar bewusst frei genommene Minuten. Probieren Sie es doch mal aus.
Das soll natürlich das gemeinsame Gebet im Gottesdienst nicht ersetzen. Nicht umsonst hat Jesus gesagt „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen!“ Die Versammlung der Gläubigen ist das Zentrum und die Quelle des Glaubens, weil hier die gemeinsam erlebte Energie kombiniert mit dem Gemeinschaftsgefühl die Kraft und das Vertrauen für den Alltag schenken. Also: Lasst uns beten – jeder für sich und gemeinsam!