„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12, 21)
„Auge um Auge, Zahn um Zahn!“ - „Wie du mir, so ich dir!“, das sind Worte und Denkweisen, die sehr bekannt sind. Auch dass „Der Ehrliche stets der Dumme ist", nimmt dieses Denken auf.
Wenn die Großen dieser Welt ihr Geschäft mit Cum-Ex- oder Cum-Cum-Geschäften machen, dann muss ich doch auch sehen, wo ich bleibe und wie ich mit manchen Tricks zum Beispiel die Steuererklärung machen kann. Wenn in anderen Ländern dieser Welt ein ungebremster CO2-Austoß unser Klima gefährdet, warum sollen ausgerechnet wir dann hier noch mehr sparen und uns einschränken? Wenn ich spüre, dass mich am Arbeitsplatz oder anderswo jemand auszubooten und meine Stellung zu unterminieren versucht, dann versuche ich eben auch die anderen auf meine Seite zu ziehen und zu polarisieren. Wer sich nicht behauptet, der kommt nie nach vorn oder geht im Zweifelsfall unter. Und wer den Kopf hinhält und Verantwortung übernimmt, der macht sich angreifbar und bekommt den Ärger ab, wenn etwas schiefgeht. Die Liste der Beispiele ließe sich endlos fortführen. Am Ende gewinnt der Trick- und Listenreiche, der auf sich achtet, sich durchsetzen kann und mehr sich selbst als die Gesamtheit der (Welt-)Gemeinschaft im Blick behält. So funktioniert die Welt - immer noch! Aber sie zerfällt dabei zunehmend mehr in Gewinner und Verlierer. Und die Gruppe der Verlierer und damit auch die Span-nungen zwischen den einzelnen Gruppen wird immer größer.
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12, 21) - hält Paulus dagegen. Lass dich nicht von den Verhältnissen zwingen, etwas zu tun, was du für falsch hältst. Sonst hast du schon verloren. Sonst bist du zum Knecht der Verhältnisse geworden. Deshalb „nicht Gleiches mit Gleichem vergelten“, sondern den ewigen Kreislauf, dass „das Böse böses stets gebiert“ mit Gutem zu durchbrechen. Letztlich geht es um unser Gottvertrauen: Glauben wir, dass Gott das Böse - den Tod - überwunden hat, die Sachzwänge und Mehrheitsmeinungen, die Sorge um mich selbst? Glauben wir, dass die Liebe den längeren Atem hat und folge ich ihr gegen allen Augenschein? Das Problem sind nicht die anderen, sondern meine eigene Angst. Wie kann ich meine Angst überwinden, statt mich von meiner Angst überwinden zu lassen? Jedenfalls nicht dadurch, dass ich Angst erzeuge.
Das Beispiel von Jesus, der uns sagt, dass wir in dieser Welt keine Angst zu haben brauchen, weil er die Welt überwunden hat, kann uns Mut machen, das Böse mit Gutem zu überwinden, indem wir ohne Angst mit Vertrauen, Schritt für Schritt, die Liebe gegenüber den Mitmenschen und auch mir selbst gegenüber übe, die er als Liebe zu Gott geboten hat. Von Angst befreit, dass wir zu den Verlierern gehören, wenn wir zu Boten des Glaubens werden, dass das Gute die Kraft hat, das Böse zu überwinden, können wir das Richtige tun.