Unter dem Schatten deiner Flügel…
Mir geht es gerade so richtig gut. Im Sommer sowieso. Es ist meine Lieblingsjahreszeit. Auch sonst läuft es. Die Arbeit erfüllt mich, in der Freizeit habe ich immer viel vor. Leute sagen: „Dir geht es ja gut!“, wenn ich Fotos mit ihnen teile. Und ja, es ist mir bewusst. Mir geht es gut, und ich kenne so viele Menschen, die das nicht haben, und denen ich das auch von Herzen wünschen würde.
Mir geht es gerade aber auch nicht so gut. Es ist Sommer. Ich sehe Feuer. Große Feuer rund um das Mittelmeer. Bäume, die für den Klimakreislauf so wichtig wären, gehen in Flammen auf und werden zu Kohlendioxid, was die Klimakatastrophe weiter anfacht. Woanders fallen Tennisbälle aus Eis auf Menschen, Häuser und Autos. Wieder woanders werden Städte und Dörfer von gewaltigen Wasser- und Geröllmassen begraben. Das macht Angst.
Und noch dazu werden die Menschen, die für das Weltklima etwas Gutes tun wollen, von anderen ausgelacht, verspottet und sogar gehasst. Lügengeschichten werden verbreitet, um diesen Hass anzufachen. Verführer, die uns einreden wollen, dass ein „gesunder“ Egoismus, der Rückzug ins Private und ein Augenverschließen vor den Herausforderungen unserer Zeit das beste Rezept sind, um mit der Wirklichkeit fertig zu werden, sind überall lautstark zu hören und haben großen Zulauf. Das macht mir noch viel mehr Angst als die Herausforderungen an sich.
Ein Widerspruch? Ja, sicher. Zwei Seelen ruhen in meiner Brust. Ruhen nicht nur. Kämpfen auch mal miteinander. Ich weiß, ich werde die Welt nicht retten können, will aber auch nicht tatenlos zusehen, wie sie zugrunde geht.
Was gibt mir da Halt? Nun, der Monat August hat einen schönen Monatsspruch aus dem 63. Psalm zu bieten: „Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.“ In den Psalmen der Bibel findet man viel Dank für Gutes, aber auch Klage über Schlimmes, die vor Gott gebracht werden. Der Psalmbeter David wusste es immer wieder poetisch und doch verständlich zu formulieren, was ihn bewegte. Manchmal kann man Probleme nicht schnell und einfach lösen, Widersprüche nicht beseitigen, sondern muss sie aushalten. Dann ist es wichtig zu wissen, dass man nicht allein ist. Diesen Schutz von Gott, von dem David spricht, möchte ich auch haben. Von ihm fühle ich mich verstanden. Der Schatten seiner Flügel spendet mir Mut und Kraft. Er macht es möglich, dass ich vor Sorge nicht zerbreche, sondern viele und schöne Momente erlebe, in denen ich den Sommer genießen kann.
Und das wünsche ich Ihnen auch, liebe Leserin und lieber Leser! Ihr Marc Scheidig