Wort der Besinnung
Die Mehrheit der Menschen in unserer Gesellschaft kann heute mit Gott nichts mehr anfangen. Besonders die Ostdeutschen haben gelernt, gut ohne Glauben und Kirche zu leben. Gott scheint ein Fremdwort geworden zu sein. Es gibt deshalb auch kein ethisch Höchstes oder Heiliges mehr, keine obersten Werte. Sie müssen im gemeinsamen Diskurs errungen werden.
Diesen Zustand muss Friedrich Nitzsche (1944-1900) gemeint haben, wenn er proklamiert, Gott sei tot. Der Mensch ist ganz auf sich selbst verwiesen. Der Glaube an Gott kann auch nicht einfach verordnet werden, weder vom Staat noch in den Familien, wie das früher versucht worden ist. Er ist ein urpersönliches Geschehen eines Menschen und mehr ein Hoffen als ein Wissen.
Das drückt eine kleine Anekdote aus. Des Pfarrers eifrigster Ministrant kommt in den Semesterferien nach Hause. Voller Stolz mein er:“ Herr Pfarrer, es gibt keinen Gott.“ „So, so, meint dieser. Eben habe ich aber noch mit ihm gesprochen.“
Die großen Denker der Geschichte haben ihre je eigene Auffassung über Gott entwickelt. Heute so, morgen so. Auch Naturwissenschaften können über Gott nichts sagen, ob es ihn gibt oder nicht. Gottes Wirklichkeit ist nicht auf ihrem Radar; ist nicht Gegenstand ihrer Experimente.
Ich für meinen Teil halte mich da eher an die Weisheit und das Zeugnis der Bibel, die über die Zeiten hinweg ihre Gültigkeit und Strahlkraft behält. Deshalb freue ich mich auf die kommenden Tage der Karwoche und Ostern, wo wir Christen das Unbegreifliche und nicht in Worte zu Fassendes feiern: die Hoffnung, dass das Leben über unsere kurzen Tage hinweg Bestand hat, ja vollendet wird. Eben, weil es Gott gibt. Das scheint mir doch besser als die Behauptung, Gott sei tot.
Wolfgang Teichert, Meiningen