Hoffnung

„Hoffnung ist ein Leistungssport“, sagte in einem Interview Pastor und Musiker Julian Sengelmann. Hoffnung ist weit mehr als bloßer Optimismus – sie erfordert kontinuierliches Training, Disziplin und einen realistischen Blick auf die Herausforderungen des Lebens. Hoffnung ist immer ein aktiver, oft auch herausfordernder Prozess – ein stetiger Balanceakt zwischen realistischem Blick auf die Gegenwart und dem festen Glauben an eine bessere Zukunft. Wer sich dieser Aufgabe mit Engagement und Mut stellt, wird mit einer Art innerer Widerstandskraft belohnt, die nicht nur persönlich stärkt, sondern auch Gemeinschaften in schwierigen Zeiten zusammenhält.

So wie im Leistungssport tägliche Anstrengungen und gezieltes Training nötig sind, um Fortschritte zu erzielen, muss auch die Fähigkeit, Hoffnung zu empfinden und zu erhalten, kultiviert und gepflegt werden. Dazu gehört es, Rückschlägen und Krisen zu begegnen und neue Perspektiven einzunehmen. Das gilt auch für den eigenen Glauben an Gott, der sich verändert. Glaube ist Hoffnung, die nicht rosarot und blauäugig ist, sondern realistisch.


Ein altes Kirchenlied wurde neu vertextet. Es findet sich unten abgedruckt. Für mich ist es ein Ausdruck von Hoffnung, die durch Krisen geformt wurde. Vielleicht lädt es sie dazu ein, ihrer Hoffnung nachzuspüren.

Gott ist gegenwärtig,

können wir kaum beten

wird er leise zu uns treten.

Gott ist in der Mitte,

auch als großes Schweigen,

hält die Schwere aus und Leiden.

Der uns kennt,

Kind uns nennt,

fängt uns sachte wieder,

hört die stummen Lieder.

 

Gott ist gegenwärtig,

wo wir ihn vermissen

und so vieles nicht mehr wissen.

Gott ist in der Mitte,

wenn wir nichts mehr sehen

und die Welt nicht mehr verstehen.

Alles hat

einen Platz,

auch die große Leere,

sag das meiner Seele.

 

Kommst Du in mir wohnen,

wenn mein Geist beschwert bleibt,

mein Vertrauen sich versehrt weiß.

Komm, großes Geheimnis,

ich kann Dich kaum fassen

und doch niemals von Dir lassen.

Du bist da,

bist mir nah,

nahst Dich oft so anders,

bis ich Dich erkannt hab.

 

Neuvertextung: Jelena Herder, 2021

Originaltext „Gott ist gegenwärtig“: Gerhard Tersteegen, 1729

auf die Melodie „Wunderbarer König“: Joachim Neander, 1680