Schülergedanken zum Karfreitag
Mit einem Feiertag anlässlich eines grausamen Todes tun sich viele Menschen schwer. Jesus sei für uns gestorben, so predigt die Kirche seit Jahrtausenden, wegen unserer Schuld. Vielleicht denken dazu viele wie einer meiner Schüler: „Ich bin mir Fehler, aber keiner Schuld bewusst, und die Fehler hatten ihren Sinn und haben mich zu dem gemacht, der ich bin. Ich bereue nicht, `ich` zu sein und denke nicht, ich sollte permanent büßen.“
Hören wir uns noch ein wenig um unter den jungen Leuten in meinem Reli-Kurs. Ist Jesus für uns wie „Deutschland für Griechenland“? Der Vergleich hinkt natürlich sehr, aber er erinnert daran, dass wir oft nicht nur mit eigener Kraft von den Folgen unserer Fehler loskommen.
„Jesus musste sterben, damit die Menschen ihre Fehler einsehen. Denn nur so sehen sie, zu was sie fähig sind“, sagt ein Schüler.
Wären Sie und ich zur Teilnahme an so einer schrecklichen Hinrichtung fähig? Zu was scheinbar anständige Menschen fähig sind, hat man jetzt in Emden gesehen bei der drohenden Lynchjustiz gegen einen jungen Mann, von dem wir jetzt wissen, dass er unschuldig ist. Aber auch da hätten Sie nicht mitgemacht!? Was hat dann Jesu Tod mit unseren Fehlern zu tun?
“„Die Menschen in unserer Gesellschaft sind schuldig, weil unser Wertesystem aus dem Gleichgewicht geraten ist. Wir leben wie damals in einer Ellenbogengesellschaft, in der jeder auf sich bedacht war. Du trägst mit deinen Handlungen auch minimal zu den Entwicklungen in unserer Welt bei. Aber alles Unrecht summiert sich und schafft eben diese Ellenbogen-gesellschaft. Vielleicht diente Jesu Leben dem Zweck, die Menschheit aufzurütteln… " – so drei Schülerinnen.
Zu diesem aufrüttelnden Leben gehörte auch sein Tod. Er hätte ihn vermeiden können, indem er sich zurückzieht und kein aufrüttelndes Leben mehr führt.
Er entschied sich anders und starb, auf den Lippen die Worte „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“
Auch wir wissen oft nicht, was wir tun und brauchen Vergebung. Jesu Tod ist das unübersehbare Zeichen, dass wir diese Vergebung zu Recht erhoffen können. Grund genug, so zwei Schüler, „dass du ihm posthum dafür dankst, selbst für seine Sache eingestanden zu sein und sich und keinen anderen geopfert zu haben“.
Schulpfarrer Michael Tausch, Meiningen